Das große Finale (21. – 24.9.)

Unsere gemeinsame Zeit in den USA neigt sich allmählich ihrem Ende zu und jedem von uns ist anzumerken, dass wir das nicht so richtig gut finden. Wir denken ja schon lange über unsere Idee für ein eigenes Business nach und viele der von uns druchreisten Regionen erscheinen uns als nahezu ideale Standorte dafür, so dass wir hier nicht weiter nur Urlauber sein wollen sondern eher ein Teil dieses Landes, das uns so fasziniert. Dass wir in vier Tagen wieder in ein Flugzeug steigen sollen, das uns zurück nach Deutschland bringt, will noch keiner so richtig wahrhaben. Jedes Herdenmitglied verbringt daher immer ein bisschen mehr Zeit mit sich selbst und den eigenen Gedanken. Aber auch dafür wollen wir uns auf einer so langen Reise mal etwas Zeit nehmen, daher soll der Donnerstag ein eher ruhiger Tag werden.

Wir verlassen unser Appartment in der Lone Oak Lodge, das eher die Größe einer 3-Zimmer-Wohnung hat und fahren weiter nach Carmel by the Sea. Dort holen wir uns in der Carmel Bakery Kaffee und Gebäck und laufen die Ocean Avenue hinunter zum Strand, wo wir uns auf ein paar Steine setzen und in der warmen Morgensonne frühstücken. Auf dem Weg sind wir an mehreren Maklerbüros vorbeigekommen, alle voll mit zum Verkauf stehenden Immobilien, von denen viele perfekt für die Umsetzung unseres Traums vom eigenen Business geeignet wären. Natürlich hat das, gerade auch in dieser doch eher exklusiven Gegend, alles seinen Preis.

Wegen der immer noch bestehenden Sperrung des Highway #1 bei Big Sur sind wir heute gezwungen, unseren Weg durch das Landesinnere fortzusetzen. Die Fahrt bis zum Tagesziel nach Pismo Beach führt uns durch Paso Robles und Sanluis Obispo. Aufgrund der Lage unserer heutigen Unterkunft, dem Seacrest Hotel, einem Oceanview Hotel direkt am Strand, verzichten wir auf ausgedehnte Besichtigungen der beiden Städtchen und fahren zügig durch, bis wir am frühen Nachmittag das Seacrest erreichen. Nach dem Checkin geht es sehr zügig Richtung Pool und Strand, wo sich jeder mit seiner Lieblingslektüre in die Sonne legt, um die inzwischen schon sehr intensive Bräune hier und da noch weiter zu intensivieren.

Gegen sechs Uhr beginnt der Wind etwas aufzufrischen und wir machen uns bereit für’s Abendessen. Ich habe für heute Abend einen Tisch im Ventana Grill reserviert, einem Lokal, das wir auch schon von früheren Aufenthalten hier kennen und das auch eine Erwähnung im Buch “Einen Scheiss muss ich” des von mir sehr geschätzten Autors Tommy Jaud gefunden hat, scheinbar waren nicht nur wir sehr angetan von diesem Restaurant. Vorher gehen wir noch mal runter an den Strand, den Sonnenuntergang genießen und für ein paar stimmungsvolle Fotos.

Unser Abendessen im Ventana Grill gehört wohl mit zu den besten kulinarischen Momenten dieser Reise. Von den Cocktails über die Clam Chowder bis hin zum Signature Burger mit Chorizostückchen im Patty empfanden wir alles als rundum gelungen, vom Dessert, dem zur Hälfte aus Eis und Kuchen bestehenden Ventana Mud Pie ganz zu schweigen. Sehr satt und sehr zufrieden fallen wir spät nachts in unsere Betten. Das Einschlafen wird dann aber doch noch etwas erschwert, erstmalig haben wir heute ein Problem mit den so häufig beklagten hellhörigen amerikanischen Hotels. Im Zimmer über uns wohnt vermutlich eine Gruppe chinesischer Kunstturnerinnen, die ihr Zimmer kurzerhand zum Trainingsraum erklärt hat, denn nur so lassen sich die wiederkehrenden schnellen Schritte, gefolgt von einem kräftigen “Rums” erklären, die uns bis kurz vor Mitternacht am Einschlafen hindern.

Ein Frühstück direkt am Meer unter der wärmenden Morgensonne ist einfach nur schwer zu toppen, da spielt es auch fast keine Rolle, dass die hier angebotenen Zutaten für das Inklusivfrühstück gar nicht mal so lecker sind. Die Kalifornier sind unter den Amis die absoluten Frühstücksmuffel, und wir müssen uns mehr am Blick auf den Strand und den Ozean als am Essen sättigen.

Mit einem Coffee 2 Go und einer Banane für alle Fälle treten wir die Fahrt zu unserer letzten Unterkunft für diese Reise an. Die Strecke führt uns zunächst nach Solvang, dieser kleinen Enklave dänischer Auswanderer mitten in den Vereinigten Staaten. Die Windmühlen und die im europäischen Stil erbauten Häuser, teilweise sogar mit Fachwerk, wirken hier wirklich irgendwie surreal und an einer Kreuzung zweier befahrener großer US-Bundesstraßen auch etwas fehl am Platz. Trotzdem zieht der Ort nach wie vor viele Besucher an, auch hier wieder überwiegend asiatischer Herkunft. Leider reicht es nur für einen kurzen Stopp in Morten’s Danish Bakery, das Pancake House von Paula müssen wir leider auslassen, zu schwer liegt uns noch unser Frühstück im Magen.

Wir fahren weiter nach Santa Barbara, wo wir nach einem kurzen Streifzug durch ein paar Läden dem Pier einen kurzen Besuch abstatten und uns dan für einen späten Lunch eine kleine Sushi Bar suchen. Den Besuch der Mission müssen wir leider auf einen späteren Besuch verschieben. Wir steuern schließlich noch unser vorletztes Ziel für heute an, die kleine Küstenstadt Ventura, eigentlich schon ein Vorort von Los Angeles. An der Kasse eines Ladens in einem Einkaufszentrum erleben wir dann einmal mehr eine für dieses Land typische Episode, als eine Frau ihren 50 $ Einkauf mit maximaler Gelassenheit auf 5 verschiedene Kreditkarten aufteilt, ohne sich davon stören zu lassen, dass wir auf die Bezahlung unserer zwei Gegenstände fast zehn Minuten warten müssen.

Leider finden wir in Ventura nicht ganz das, was wir uns davon erhofft hatten und beschließen, vor dem Abendessen noch bis zu unserem Ziel weiterzufahren. Unsere Unterkunft ist das La Quinta Inn & Suites in Santa Clarita / Stevenson Ranch, ein Ort, ein Ort, der seit dem Beginn unserer Reise mit einem großen Fragezeichen versehen ist, denn niemand außer mir weiß, warum es sich lohnt, ausgerechnet hier für die letzten beiden Nächte unserer Reise Quartier zu beziehen. Das Rätsel lüftet sich leider etwas früher als von mir gewollt bereits bei der Ankunft am Hotel, die meilenlange Zufahrtsstraße, an der die Unterkunft liegt, führt nämlich auch am Sixflags Magic Mountain Vergnügungspark vorbei. Als das Herdenbaby die nächtlich beleuchteten turmhohen Konstruktionen der zahlreichen Supercoaster entdeckt, weiß es zunächst nicht, ob es sich freuen oder mich verfluchen soll, die Entscheidung wird schließlich auf den Folgetag verlegt.

Im Hotel erwartet uns dann mal wieder eine Überraschung der besonderen Art. Wie für alle bisherigen Unterkünfte auch habe ich hier ein Zimmer für die Belegung durch drei Erwachsene gebucht. Dies sind dann entweder Zimmer mit zwei großen Doppelbetten oder Zimmer mit einem Doppelbett und einem zusätzlichen Bett in Form eines Schlafsofas oder ähnlichem. Unser Zimmer im La Quinta aber verfügt nur über ein Doppelbett und einen Sessel, der sich aber auch nach näherer Betrachtung nicht zu etwas umbauen läßt, worauf man schlafen könnte. Der Herr an der Rezeption erklärt mir, dass es wohl schon häufiger vorgekommen sei, dass die angebotenen Zimmerkategorien bei den Buchungsseiten von Expedia und Co. mit der falschen Zahl an möglichen Personen verknüpft seien. Eine kurze Recherche in meinen Unterlagen ergibt, dass ich vom Anbieter, über den die Buchung erfolgt ist, nur eine E-Mail-Adresse habe und es keine Telefonnummer gibt. Samstag um fünf Uhr Morgens würde ich dort vermutlich aber auch so niemanden erreichen. In unserer Not buchen wir also ein weiteres Zimmer, das kostet uns mal schnell 350 $ extra. Natürlich schreibe ich auch noch schnell eine Mail an den Buchungsdienstleister. Wie all die noch offenen Verfahren bei KLM, SeaGoddess Whale Watching usw. enden, werde ich in einem abschließenden Beitrag noch erwähnen.

Der vorletzte Tag unserer Reise beginnt mal wieder mit einem Inklusivfrühstück, leider nicht ansatzweise besser als das am Vortag. Heute haben wir aber leider auch keine Möglichkeit, sehr wählerisch zu sein, wir wollen nämlich eine ganze Weile vor Öffnung des Freizeitparks dort sein, um dem Chaos beim Parken und am Einlass zu entgehen, über das im Internet viel zu lesen ist. Unser Plan geht auf und wir sind wirklich sehr früh dran, angesichts der vor Ort verlangten 25 $ Parkgebühren erscheinen mir die 20 $, die ich bei der Vorabbuchung im Netz zu zahlen hatte, als Mega-Schnäppchen. Dann heißt es erst mal Schlangestehen. Etwa eine Stunde stehen wir vor den Toren in einer Schlange, die sich bis um 10:30 Uhr, als der Park endlich öffnet, bereits kilometerweit zu ziehen scheint. Das Zeremoniell beim Öffnen der Tore ist mal wieder amerikanisch bis in die Haarspitzen und pathetisch ohne Ende. Unser Weg führt zunächst mal zum Gästeservice, wo ich mir einen Accessibility Pass ausstellen lassen möchte. Dafür wird ein Schreiben eines Arztes benötigt, das gewissen formalen Ansprüchen genügen muss, die der Park auf seiner Internetseite auflistet. Dabei ist zum Beispiel die eindeutige Identifikationsnummer des Arztes eine zwingende Voraussetzung, weshalb ich etwas bedenken habe, ob mein aus Deutschland mitgebrachtes Schreiben überhaupt zulässig ist, die Art und Weise der Beeinträchtigung oder Behinderung der betreffenden Persone dürfen hingegen unter keinen Umständen auf dem Schreiben benannt werden. Aber egal, es dauert zwar lange, am Ende bekomme ich aber meinen Access Pass. Auf den Seiten von Sixflags habe ich es so verstanden, dass man sich damit bei den einzelnen Fahrgeschäften meldet und man dort eine Zeit genannt bekommt, zu der man dann ohne Wartezeit zu seiner Fahr kommt. Diese Annahme stellt sich aber schnell als großer Irrtum heraus, und bei Licht betrachtet ist dieser Pass für Menschen mit einer Behinderung eigentlich keine wirkliche Erleichterung. Der Passinhaber ist generell berechtigt, die Warteschlangen zu umgehen und so eine Fahrt ohne Wartezeit anzutreten. Auf dem Pass ist aber ein Zeitinterval vermerkt, in unserem Fall 90 Minuten. Dieses Intervall muss der Passinhaber zwischen zwei Fahrten verstreichen lassen, bevor er wieder eine Warteschlange umgehen darf. Bei einem sechsstündigen Aufenthalt ergäben sich so fünf mögliche Fahrten, angesichts der hohen Dichte an Attraktionen und gemessen an den exorbitanten Eintrittsgeldern eine eher unbefriedigende Ausbeute.

Gut, uns war das am Ende dann doch eher egal. Wir konnten in der zur Verfügung stehenden Zeit elf der 13 Supercoaster fahren und hatten jede Menge Spaß. Auch das Warten in einer Schlange kann hier durchaus hohes Unterhaltungspotential haben, denn auch wenn es sicher zu den eher fragwürdigen Unterhaltungswerten zählt entbehrt es nicht einer gewissen Komik, wenn man beobachten darf, wie drei Angestellte den Haltebügel eines Fahrgeschäfts über dem Bauch eines besonders voluminösen Fahrgastes zum Einrasten bringen wollen.

Richtig stimmungsvoll wird es dann noch mal ab 19 Uhr, denn mit unserem Besuch läutet der Park auch die anstehende Halloween-Saison ein und mit dem Sonnenuntergang versinkt der Park in dichten Nebelschwaden und es streifen authentisch hergerichtete Untote durch die Anlage. Lediglich der schon den ganzen Tag über aus den Lautsprechern tönende Slogan “Let the terror begin”, der das Event entsprechend ankündigen soll, stößt bei uns auf leichte Verwirrung und Unverständnis.

Das Schafi mag ja keine Achterbahnen, trotzdem hält es mit uns fast neun Stunden lang im Park durch und wartet geduldig auf unsere Rückkehr. Zur Belohnung, und weil wir natürlich den letzten Abend auch irgendwie würdigen wollen, suchen wir zu später Stunde noch ein neben unserem Hotel liegendes Steakhouse auf. Das Outback Steakhouse überrascht mit unerwartet leckerem Essen, wir sind wieder mal total begeistert, und endlich bekomme ich auch meine Portion Lobster in einer rundum gelungenen Interpretation von Surf and Turf, noch dazu zu einem vernünftigen Preis.

Leider bringt der letzte Abend auch immer ein paar organisatorische Dinge mit, ich muss uns noch für den Flug am Folgetag einchecken und unsere Koffer müssen letztmalig gepackt und alle neu hinzugekommenen Dinge so verteilt werden, dass wir nicht an das Gepäcklimit von 23 kg pro Koffer stoßen, dank mitgeführter Kofferwaage aber kein Problem.

Für den Tag unserer Rückreise verzichten wir auf das complementary Breakfast im La Quinta und beladen zum letzten Mal unseren Dodge, um uns mit ihm auf den Weg nach Oxnard zum dortigen Farmer’s Market am Hafen zu machen, in der Hoffnung, dass wir dort ein gutes Frühstück in schönem Ambiente finden werden. Der Markt ist tatsächlich sehr nett, leider aber eher auf Feld- und Gartenerzeugnisse ausgerichtet, Kaffee und Gebäck, so wie wir das von anderen Märkten her kennen, gibt es hier nicht. Das in der Nähe befindliche kleine Kaffee lassen wir zugunsten besserer Alternativen, die sich noch auf unserem Weg finden sollen, links liegen, ein Entschluss, der sich noch als unüberlegt herausstellen soll.

Unser Weg führt weiter nach Malibu, wir hatten hier auf ein Kaffee in Strandnähe gehofft. Diese gibt es auch, allerdings bezahlt man bereits für die Zufahrt dorthin eine nicht gerade kleine Gebühr für’s Parken und inzwischen ist es auch schon so spät, dass wir die Hoffnung auf Frühstück begraben müssten, jetzt wird überall nur noch Mittagessen serviert, und ein Burger zum Frühstück ist nicht gerade das, was wir uns wünschen würden.

Dieser letzte Tag macht es uns nicht gerade leicht, die sonst so gut funktionierende Haltung unseres “Carpe Diem”-Konzeptes noch mal im Sinne eines Urlaubserlebnisses bis zum Schluss umzusetzen. Das Schafi hat hunger, das Herdenbaby sieht seine Fälle davonschwimmen, wäre gerne noch mal in Malibu am Strand gesessen oder hätte sich ein Souvenier ergattert, und ich finde sowieso, dass letzte Tage etwas völlig unnötiges sind, würde ich doch viel lieber gleich für immer hier bleiben. Schließlich gibt es also doch Burger und Salat zum Frühstück, und statt Strand fahren wir gleich weiter zu Alamo, um unseren Mietwagen abzugeben, eine Entscheidung, die Angesichts des inzwischen dichten Stadtverkehrs doch auch etwas positives hat.

Wir sind pünktlich am Flughafen, die Abfertigung an der Sicherheitskontrolle nimmt mal wieder die meiste Zeit in Anspruch. Diese inzwischen gleichermaßen notwendige wie lästige Prozedur ist tatsächlich der unschönste Aspekt an einem Flug, da störe ich mich noch nicht mal so sehr an den enorm langen Reisezeiten, mit anderen Verkehrsmitteln wären die ja noch länger. Trotzdem schlage ich der Herde vor, dass wir, sollten wir tatsächlich mal auswandern, ein alternatives Verkehrsmittel in Erwägung ziehen. Für die USA würde ich hier vielleicht auf ein Schiff zurückgreifen, irgendwie auch stilvoller, als so ein Flugzeug.

Ein letztes Highlight dieser Reise, auch wenn es von uns schon nicht mehr als solches wahrgenommen wird: Unser Flughafenshuttle am heimischen Airport entpuppt sich als Chauffeur im Anzug, der uns mit einem Tesla zurück nach Hause bringt. Hat man ja auch nicht jeden Tag, und das nette Gespräch bei der Fahrt macht einem das Ankommen auch erst mal leichter.

If you’re going to San Francisco, you should wear a Windjacke (18. / 19.09.)

Unser Abschied von Groveland, dem Yosemite Rose und seiner Betreiberfamilie dauert lange, sehr lange. Zuerst lassen wir uns mal viel Zeit mit dem Frühstück, außer uns sind nur noch zwei weitere Paare als Gäste im B&B und das sind meist die Konstellationen für gegenseitiges Ausfragen über Herkunft und weitere Reiseziele, so auch an diesem Morgen. Zudem ist auch Don schon auf den Beinen und in Höchstform dabei, jedem von dem “amazing man” zu berichten, den er gerade in seinem Haus zu Gast hat. Auch wenn ich persönlich etwas Mühe mit dieser für mich weitaus übertriebenen Sicht auf meine eigene Person habe, wenn er es so sieht, soll es mir recht sein. Vielleicht werden wir so ja eher als potentielle Kandidaten für die Übernahme des Familienbetriebs in Erwägung gezogen, zögern würden wir sicherlich nicht.

Als ich das Auto schon mit unserem Gepäck belade, kommt Don noch mal mit raus und wir reden wieder eine halbe Stunde über dies und das, im Anschluss gibt es wieder Hugs und ich muss unbedingt noch mal mit nach drinnen kommen, wo der Rest in der Familie in der Küche rotiert. Erst als seine Frau von draußen so laut nach ihm ruft, dass auch der schwerhörige Don es hören muss, sieht er ein, dass es jetzt Zeit wird, dass alle ihrer Wege gehen. Wie beim letzten Mal bis zum Schluss winkend steht er in seiner Zufahrt und verabschiedet uns nach San Francisco, wo, wie er dem Schafi vorher mehrfach eindrücklich erläutert hat, man höllisch aufpassen muss wegen der vielen Einbahnstraßen und aller anderen Gefahren einer so verrückten Stadt.

Am Vorabend wurde uns erklärt, dass es sich bei San Francisco um eine sogenannte Sanctuary City handelt, eine Stadt, in der es scheinbar einen besonderen Schutz für Immigranten vor Strafverfolgung durch die Ausländerbehörden gibt, ein Konzept, das mir so noch nicht bekannt war und dessen Hintergründe ich bei nächster Gelegenheit noch mal googeln muss.

Der Weg in die Stadt verläuft – abgesehen vom starken Verkehr – eher unspektakulär, vorbei an zahlreichen Obstplantagen. Auch in der Stadt bleibt uns diesmal ein nervenaufreibender Ritt über die Hügel von San Francisco erspart, unser Hotel, das Fusion, ist nur ca. vier Turns vom Highway entfernt, daneben befindet sich – wie vorher recherchiert – eine noch halbwegs erschwingliche 24/7-Parkgarage, wo unser kleiner für 36 $ am Tag sicher unterkommt.

Das Zimmer im Fusion ist größer als erwartet, allerdings empfängt es uns mit einem unangenehmen Geruch nach Essig oder etwas ähnlichem. Allerdings ist es sauber.

Da wir bei unserem letzten Besuch nur zwei Straßen weiter Richtung Pazifik gewohnt haben, finde ich mich noch ziemlich gut zurecht und wir landen gleich in Chinatown. Neben einigen der zahlreichen kleinen Läden steht hier endlich auch mal ein Besuch einer Eastern Bakery auf dem Programm und ich bekomme endlich zwei der von mir so sehr geliebten Moon Cakes. Leider sehen wir zu spät, dass sie in der Bäckerei jede Menge verschiedentlich gefüllter Exemplare anbieten, ich hätte sonst gleich noch mal ein paar mehr mitgenommen.

Wir setzen unseren Weg fort, weiter Richtung Norden, hinunter zu den Piers. Am Pier 39 gibt es dann erst mal einen späten Lunch, bestehend aus den überall erhältlichen deep fried Calamaris und einem Fischsandwich. Danach folgt ein Besuch im Hard Rock Café, bevor wir uns auf den Weg zum Pier 33 machen, wo in Kürze die vorgebuchte Tour zum Abendrundgang durch Alcatraz startet. Leider ist es heute sehr windig und schon fast kühl, kein Vergleich zu unserem letzten Besuch, die Überfahrt mit der Fähre bietet daher heute auch nicht so viele schöne Ausblicke auf die Golden Gate Bridge und die Skyline von San Francisco. Auf der Knastinsel begeben wir uns gleich auf die Audiotour, ich höre sie mir diesmal auch in Deutsch an, weil ich herausfinden möchte, ob sie in der Übersetzung auch so eine atmosphärische Dichte mitbringt, wie das englische Original. Wie erwartet ist es den Machern aber nicht anz gelungen, die Originalkommentare wirken einfach authentischer als die verhältnismäßig gut gelungene Übersetzung. Leider fällt uns gleich noch etwas auf, der Audiorundgang wurde in den letzten Jahren wohl stark komprimiert und dauert jetzt nur noch 45 Minuten. In der Version, die wir noch 2011 zu hören bekamen, waren wesentlich mehr Details enthalten, schade eigentlich. Nach dem Rundgang, der aufgrund der vielen anderen Gäste diesmal auch ziemlich unruhig war, möchten wir uns noch das Feature zu Murder on the Rock über einen sehr gewalttätigen Insassen mit anschließender Demonstration der Schliessanlage anhören. Die Beiträge des Park Rangers sind für meine beiden Mitreisenden so gut wie nicht zu verstehen, zu schnell und gehetzt erzählt der Ranger die Geschichte eines armen Kerls aus ärmlichen Verhältnissen, der überall nur angeeckt ist, bis er nach einer schon sehr gewalttätigen Zeit bei der Army schließlich in Alcatraz landete, wo er am Ende einen Mithäftling ermordete. Erst nach der Verlegung in eine Resozialisierungseinrichtung wurde aus dem Mann ein geradezu mustergültiger Christ und Familienvater. Bis hier hin vielleicht noch etwas zu banal, der Schlußkommentar des Rangers, dass man Geschichten wie diese zum Anlass nehmen sollte, die Politik der Strafverfolgungsbehörden in den USA mal unter die Lupe zu nehmen und ggf. anzupassen, verwundert uns dann doch ein bisschen, ebenso, dass die angekündigte Demonstration der Schliessanlage heute wohl kommentarlos entfällt.

Zurück an Land entdecken wir einen der markanten Unterschiede zwischen San Francisco und Las Vegas vor dem Hintergrund amerikanischer Großstädte. Wenn in Las Vegas um 22:00 Uhr viele erst ihre Hotelzimmer verlassen, um sich – ganz egal ob am Wochenende oder unter der Woche – ins Nachtleben zu stürzen, ist in San Francisco um diese Zeit auch in einem belebten Touristenviertel wie der Fishermans Wharf schon Schicht im Schacht. Natürlich sind ein paar der besseren Lokale noch immer geöffnet, aber für den hungrigen Knastrückkehrer gibt es im Bereich Street Food nur noch das, was man sich jetzt mit den Möven teilen müsste, und da die hier ziemlich fett und sicher auch sehr energisch sein können, gehen wir lieber hungrig zurück ins Hotel und essen was von unseren Vorräten, darunter ein gar köstliches Stück Moon Cake für mich.

Unser zweiter Tag in San Francisco beginnt mal wieder früh, nicht zu früh, wie wir herausfinden, denn das von uns ausgewählte Frühstückscafé nahe unseres Hotels füllt sich nach unserem Eintreffen fast schlagaritg bis auf den letzten Platz. So gestärkt wollen wir uns mit der Cable Car auf den Weg hinunter an den Pazifik machen, wo wir die Stadtrundfahrt mit Big Bus Tours beginnen wollen. Leider ist der Zug, auf den wir ohnehin schon ziemlich lange warten müssen schon so voll, dass wir als Einstiegspunkt für die Fahrt den nahegelegenen Union Square auswählen. Beim Anblick unserer PrintHome Tickets von GetYourGuide herrscht zunächst allgemeine Verwirrung bei den diversen Mitarbeitern der Tourbusbetreiber. Mit “Is this our company?” hält jeder dem anderen mal einen Voucher unter die nase und alle kucken sich nur an. Auf die Idee, einfach mal mit einem Barcode-Scanner den QR-Code zu scannen und zu validieren kommt erst der Supervisor, der seinen Titel daher scheinbar zu recht trägt. Als wir endlich unsere Legitimität bestätigt haben und nicht weiter als blinde Passagiere gelten (oh, das ist witzig!), sind alle Plätze auf dem Oberdeck schon belegt und wir finden nur im dunklen Innenraum des Busses noch einen Platz. Wir fahren erst mal mit bis zum Übergang zur Sausalito Loop, ich wollte gerne der Ansiedlung von Hausbooten dort mal einen Besuch abstatten. Der Bus fährt aber nur durch Downtown, wo wir zwar aussteigen und ein bisschen umherschlendern, was aber, abgesehen von recht teuren Boutiquen, nicht so viel zu bieten hat. Die Hausboote sehen wir erst, als wir mit dem Bus wieder zurückfahren, dort ist aber kein extra Stop eingeplant. Schon komisch, wie hier manchmal gewichtet wird, ist doch diese Ansiedlung von Hippies und sonst wie übrig gebliebenen das, was man im Netz als erstes findet, wenn man sich über diesen Vorort von San Francisco informiert.

Wir absolvieren eine weitere halbe Runde mit dem Bus, was angesichts der Verkehrslage hier eine wirklich zeitraubende Angelegenheit ist. Künftig würde ich hier lieber selbst eine Route der relevanten Sehenswürdigkeiten erstellen und dann jeweils ein Uber oder Lyft rufen, um den Transport von A nach B zu übernehmen, das wird dann in der Summe auch nicht mehr kosten, wie die Tickets für den Bus. Diesmal können wir aber schön oben in der Sonne sitzen, San Francisco zeigt sich heute von seiner eher einladenden Seite, der Himmel über der Stadt ist nahezu wolkenlos. Wieder zurück an den Piers statten wir erst mal den Seelöwen einen Besuch ab. Im Sea Lion Center wollen wir uns erklären lassen, was es mit den Tieren auf sich hat, erfahren aber, dass man es eigentlich auch nicht so genau weiß. Irgendwann nach dem großen Erdbeben von 1989 waren die Tiere plötzlich da, die bis dahin auf einer weiter vorgelagerten Insel beheimatet waren. Die Pier-Verwaltung wollte sie zunächst entfernen lassen, angesichts ihres Status als Besuchermagnet durften sie aber bleiben und haben inzwischen einen festen Platz als Attraktion.

Nächstes Ziel ist Height Ashbury, ein sehr alternatives Viertel mit viel Second Hand und Vintage in den Läden und einer überall umherwabernden Wolke, die man sonst so nur beim Umherstreifen in Amsterdam kennt. Von hier aus nehmen wir nach einem ausgiebigen Streifzug und einem günstigen Lunch in einem mexikanischen Restaurant einen der letzten Busse zurück zur Basis, wo wir dann auf einen Bus für die nächtliche Panoramafahrt umsteigen wollen.

Wir bekommen einen Platz auf dem Bus um 19:30 Uhr, das angekündigte Panorama beschränkt sich aber eher auf beleuchtete Straßenschluchten, die der Bus angesichts des dichten Feierabendverkehrs überwiegend im Schritttempo durchschleicht. Gegen Ende fahren wir noch über eine endlos lang wirkende zweigeschossige Brücke, in deren von den Verstrebungen gebildeten Unterständen ganze Horden von Obdachlosen ihre Behausungen errichtet haben. Nach einem Stop auf einem Parkplatz mit Ausblick auf das beleuchtete nächtliche San Francisco geht es zurück zu den Piers.

Ich wollte für unser Dinner heute gerne noch mal Richtung Chinatown in eines der über hundert Restaurants dort, angesichts der schwindenden Gesundheit vom Schafi und weil eigentlich auch keiner so richtig Hunger hat, gibt es eine Planänderung und wir schneien nur kurz beim Superbäcker Boudin rein, um uns dort eine Pizza zu holen, die wir uns dann teilen können. Hier hätten wir uns dann aber doch deutlich mehr erwartet, die Pizza für 12 $ hat die größe einer geschrumpften Version eines Pendants von Wagner und schmecken tut sie auch nicht besser. Keine Ahnung, womit dieser Laden so berühmt geworden ist.