Unsere gemeinsame Zeit in den USA neigt sich allmählich ihrem Ende zu und jedem von uns ist anzumerken, dass wir das nicht so richtig gut finden. Wir denken ja schon lange über unsere Idee für ein eigenes Business nach und viele der von uns druchreisten Regionen erscheinen uns als nahezu ideale Standorte dafür, so dass wir hier nicht weiter nur Urlauber sein wollen sondern eher ein Teil dieses Landes, das uns so fasziniert. Dass wir in vier Tagen wieder in ein Flugzeug steigen sollen, das uns zurück nach Deutschland bringt, will noch keiner so richtig wahrhaben. Jedes Herdenmitglied verbringt daher immer ein bisschen mehr Zeit mit sich selbst und den eigenen Gedanken. Aber auch dafür wollen wir uns auf einer so langen Reise mal etwas Zeit nehmen, daher soll der Donnerstag ein eher ruhiger Tag werden.
Wir verlassen unser Appartment in der Lone Oak Lodge, das eher die Größe einer 3-Zimmer-Wohnung hat und fahren weiter nach Carmel by the Sea. Dort holen wir uns in der Carmel Bakery Kaffee und Gebäck und laufen die Ocean Avenue hinunter zum Strand, wo wir uns auf ein paar Steine setzen und in der warmen Morgensonne frühstücken. Auf dem Weg sind wir an mehreren Maklerbüros vorbeigekommen, alle voll mit zum Verkauf stehenden Immobilien, von denen viele perfekt für die Umsetzung unseres Traums vom eigenen Business geeignet wären. Natürlich hat das, gerade auch in dieser doch eher exklusiven Gegend, alles seinen Preis.
Wegen der immer noch bestehenden Sperrung des Highway #1 bei Big Sur sind wir heute gezwungen, unseren Weg durch das Landesinnere fortzusetzen. Die Fahrt bis zum Tagesziel nach Pismo Beach führt uns durch Paso Robles und Sanluis Obispo. Aufgrund der Lage unserer heutigen Unterkunft, dem Seacrest Hotel, einem Oceanview Hotel direkt am Strand, verzichten wir auf ausgedehnte Besichtigungen der beiden Städtchen und fahren zügig durch, bis wir am frühen Nachmittag das Seacrest erreichen. Nach dem Checkin geht es sehr zügig Richtung Pool und Strand, wo sich jeder mit seiner Lieblingslektüre in die Sonne legt, um die inzwischen schon sehr intensive Bräune hier und da noch weiter zu intensivieren.
Gegen sechs Uhr beginnt der Wind etwas aufzufrischen und wir machen uns bereit für’s Abendessen. Ich habe für heute Abend einen Tisch im Ventana Grill reserviert, einem Lokal, das wir auch schon von früheren Aufenthalten hier kennen und das auch eine Erwähnung im Buch “Einen Scheiss muss ich” des von mir sehr geschätzten Autors Tommy Jaud gefunden hat, scheinbar waren nicht nur wir sehr angetan von diesem Restaurant. Vorher gehen wir noch mal runter an den Strand, den Sonnenuntergang genießen und für ein paar stimmungsvolle Fotos.
Unser Abendessen im Ventana Grill gehört wohl mit zu den besten kulinarischen Momenten dieser Reise. Von den Cocktails über die Clam Chowder bis hin zum Signature Burger mit Chorizostückchen im Patty empfanden wir alles als rundum gelungen, vom Dessert, dem zur Hälfte aus Eis und Kuchen bestehenden Ventana Mud Pie ganz zu schweigen. Sehr satt und sehr zufrieden fallen wir spät nachts in unsere Betten. Das Einschlafen wird dann aber doch noch etwas erschwert, erstmalig haben wir heute ein Problem mit den so häufig beklagten hellhörigen amerikanischen Hotels. Im Zimmer über uns wohnt vermutlich eine Gruppe chinesischer Kunstturnerinnen, die ihr Zimmer kurzerhand zum Trainingsraum erklärt hat, denn nur so lassen sich die wiederkehrenden schnellen Schritte, gefolgt von einem kräftigen “Rums” erklären, die uns bis kurz vor Mitternacht am Einschlafen hindern.
Ein Frühstück direkt am Meer unter der wärmenden Morgensonne ist einfach nur schwer zu toppen, da spielt es auch fast keine Rolle, dass die hier angebotenen Zutaten für das Inklusivfrühstück gar nicht mal so lecker sind. Die Kalifornier sind unter den Amis die absoluten Frühstücksmuffel, und wir müssen uns mehr am Blick auf den Strand und den Ozean als am Essen sättigen.
Mit einem Coffee 2 Go und einer Banane für alle Fälle treten wir die Fahrt zu unserer letzten Unterkunft für diese Reise an. Die Strecke führt uns zunächst nach Solvang, dieser kleinen Enklave dänischer Auswanderer mitten in den Vereinigten Staaten. Die Windmühlen und die im europäischen Stil erbauten Häuser, teilweise sogar mit Fachwerk, wirken hier wirklich irgendwie surreal und an einer Kreuzung zweier befahrener großer US-Bundesstraßen auch etwas fehl am Platz. Trotzdem zieht der Ort nach wie vor viele Besucher an, auch hier wieder überwiegend asiatischer Herkunft. Leider reicht es nur für einen kurzen Stopp in Morten’s Danish Bakery, das Pancake House von Paula müssen wir leider auslassen, zu schwer liegt uns noch unser Frühstück im Magen.
Wir fahren weiter nach Santa Barbara, wo wir nach einem kurzen Streifzug durch ein paar Läden dem Pier einen kurzen Besuch abstatten und uns dan für einen späten Lunch eine kleine Sushi Bar suchen. Den Besuch der Mission müssen wir leider auf einen späteren Besuch verschieben. Wir steuern schließlich noch unser vorletztes Ziel für heute an, die kleine Küstenstadt Ventura, eigentlich schon ein Vorort von Los Angeles. An der Kasse eines Ladens in einem Einkaufszentrum erleben wir dann einmal mehr eine für dieses Land typische Episode, als eine Frau ihren 50 $ Einkauf mit maximaler Gelassenheit auf 5 verschiedene Kreditkarten aufteilt, ohne sich davon stören zu lassen, dass wir auf die Bezahlung unserer zwei Gegenstände fast zehn Minuten warten müssen.
Leider finden wir in Ventura nicht ganz das, was wir uns davon erhofft hatten und beschließen, vor dem Abendessen noch bis zu unserem Ziel weiterzufahren. Unsere Unterkunft ist das La Quinta Inn & Suites in Santa Clarita / Stevenson Ranch, ein Ort, ein Ort, der seit dem Beginn unserer Reise mit einem großen Fragezeichen versehen ist, denn niemand außer mir weiß, warum es sich lohnt, ausgerechnet hier für die letzten beiden Nächte unserer Reise Quartier zu beziehen. Das Rätsel lüftet sich leider etwas früher als von mir gewollt bereits bei der Ankunft am Hotel, die meilenlange Zufahrtsstraße, an der die Unterkunft liegt, führt nämlich auch am Sixflags Magic Mountain Vergnügungspark vorbei. Als das Herdenbaby die nächtlich beleuchteten turmhohen Konstruktionen der zahlreichen Supercoaster entdeckt, weiß es zunächst nicht, ob es sich freuen oder mich verfluchen soll, die Entscheidung wird schließlich auf den Folgetag verlegt.
Im Hotel erwartet uns dann mal wieder eine Überraschung der besonderen Art. Wie für alle bisherigen Unterkünfte auch habe ich hier ein Zimmer für die Belegung durch drei Erwachsene gebucht. Dies sind dann entweder Zimmer mit zwei großen Doppelbetten oder Zimmer mit einem Doppelbett und einem zusätzlichen Bett in Form eines Schlafsofas oder ähnlichem. Unser Zimmer im La Quinta aber verfügt nur über ein Doppelbett und einen Sessel, der sich aber auch nach näherer Betrachtung nicht zu etwas umbauen läßt, worauf man schlafen könnte. Der Herr an der Rezeption erklärt mir, dass es wohl schon häufiger vorgekommen sei, dass die angebotenen Zimmerkategorien bei den Buchungsseiten von Expedia und Co. mit der falschen Zahl an möglichen Personen verknüpft seien. Eine kurze Recherche in meinen Unterlagen ergibt, dass ich vom Anbieter, über den die Buchung erfolgt ist, nur eine E-Mail-Adresse habe und es keine Telefonnummer gibt. Samstag um fünf Uhr Morgens würde ich dort vermutlich aber auch so niemanden erreichen. In unserer Not buchen wir also ein weiteres Zimmer, das kostet uns mal schnell 350 $ extra. Natürlich schreibe ich auch noch schnell eine Mail an den Buchungsdienstleister. Wie all die noch offenen Verfahren bei KLM, SeaGoddess Whale Watching usw. enden, werde ich in einem abschließenden Beitrag noch erwähnen.
Der vorletzte Tag unserer Reise beginnt mal wieder mit einem Inklusivfrühstück, leider nicht ansatzweise besser als das am Vortag. Heute haben wir aber leider auch keine Möglichkeit, sehr wählerisch zu sein, wir wollen nämlich eine ganze Weile vor Öffnung des Freizeitparks dort sein, um dem Chaos beim Parken und am Einlass zu entgehen, über das im Internet viel zu lesen ist. Unser Plan geht auf und wir sind wirklich sehr früh dran, angesichts der vor Ort verlangten 25 $ Parkgebühren erscheinen mir die 20 $, die ich bei der Vorabbuchung im Netz zu zahlen hatte, als Mega-Schnäppchen. Dann heißt es erst mal Schlangestehen. Etwa eine Stunde stehen wir vor den Toren in einer Schlange, die sich bis um 10:30 Uhr, als der Park endlich öffnet, bereits kilometerweit zu ziehen scheint. Das Zeremoniell beim Öffnen der Tore ist mal wieder amerikanisch bis in die Haarspitzen und pathetisch ohne Ende. Unser Weg führt zunächst mal zum Gästeservice, wo ich mir einen Accessibility Pass ausstellen lassen möchte. Dafür wird ein Schreiben eines Arztes benötigt, das gewissen formalen Ansprüchen genügen muss, die der Park auf seiner Internetseite auflistet. Dabei ist zum Beispiel die eindeutige Identifikationsnummer des Arztes eine zwingende Voraussetzung, weshalb ich etwas bedenken habe, ob mein aus Deutschland mitgebrachtes Schreiben überhaupt zulässig ist, die Art und Weise der Beeinträchtigung oder Behinderung der betreffenden Persone dürfen hingegen unter keinen Umständen auf dem Schreiben benannt werden. Aber egal, es dauert zwar lange, am Ende bekomme ich aber meinen Access Pass. Auf den Seiten von Sixflags habe ich es so verstanden, dass man sich damit bei den einzelnen Fahrgeschäften meldet und man dort eine Zeit genannt bekommt, zu der man dann ohne Wartezeit zu seiner Fahr kommt. Diese Annahme stellt sich aber schnell als großer Irrtum heraus, und bei Licht betrachtet ist dieser Pass für Menschen mit einer Behinderung eigentlich keine wirkliche Erleichterung. Der Passinhaber ist generell berechtigt, die Warteschlangen zu umgehen und so eine Fahrt ohne Wartezeit anzutreten. Auf dem Pass ist aber ein Zeitinterval vermerkt, in unserem Fall 90 Minuten. Dieses Intervall muss der Passinhaber zwischen zwei Fahrten verstreichen lassen, bevor er wieder eine Warteschlange umgehen darf. Bei einem sechsstündigen Aufenthalt ergäben sich so fünf mögliche Fahrten, angesichts der hohen Dichte an Attraktionen und gemessen an den exorbitanten Eintrittsgeldern eine eher unbefriedigende Ausbeute.
Gut, uns war das am Ende dann doch eher egal. Wir konnten in der zur Verfügung stehenden Zeit elf der 13 Supercoaster fahren und hatten jede Menge Spaß. Auch das Warten in einer Schlange kann hier durchaus hohes Unterhaltungspotential haben, denn auch wenn es sicher zu den eher fragwürdigen Unterhaltungswerten zählt entbehrt es nicht einer gewissen Komik, wenn man beobachten darf, wie drei Angestellte den Haltebügel eines Fahrgeschäfts über dem Bauch eines besonders voluminösen Fahrgastes zum Einrasten bringen wollen.
Richtig stimmungsvoll wird es dann noch mal ab 19 Uhr, denn mit unserem Besuch läutet der Park auch die anstehende Halloween-Saison ein und mit dem Sonnenuntergang versinkt der Park in dichten Nebelschwaden und es streifen authentisch hergerichtete Untote durch die Anlage. Lediglich der schon den ganzen Tag über aus den Lautsprechern tönende Slogan “Let the terror begin”, der das Event entsprechend ankündigen soll, stößt bei uns auf leichte Verwirrung und Unverständnis.
Das Schafi mag ja keine Achterbahnen, trotzdem hält es mit uns fast neun Stunden lang im Park durch und wartet geduldig auf unsere Rückkehr. Zur Belohnung, und weil wir natürlich den letzten Abend auch irgendwie würdigen wollen, suchen wir zu später Stunde noch ein neben unserem Hotel liegendes Steakhouse auf. Das Outback Steakhouse überrascht mit unerwartet leckerem Essen, wir sind wieder mal total begeistert, und endlich bekomme ich auch meine Portion Lobster in einer rundum gelungenen Interpretation von Surf and Turf, noch dazu zu einem vernünftigen Preis.
Leider bringt der letzte Abend auch immer ein paar organisatorische Dinge mit, ich muss uns noch für den Flug am Folgetag einchecken und unsere Koffer müssen letztmalig gepackt und alle neu hinzugekommenen Dinge so verteilt werden, dass wir nicht an das Gepäcklimit von 23 kg pro Koffer stoßen, dank mitgeführter Kofferwaage aber kein Problem.
Für den Tag unserer Rückreise verzichten wir auf das complementary Breakfast im La Quinta und beladen zum letzten Mal unseren Dodge, um uns mit ihm auf den Weg nach Oxnard zum dortigen Farmer’s Market am Hafen zu machen, in der Hoffnung, dass wir dort ein gutes Frühstück in schönem Ambiente finden werden. Der Markt ist tatsächlich sehr nett, leider aber eher auf Feld- und Gartenerzeugnisse ausgerichtet, Kaffee und Gebäck, so wie wir das von anderen Märkten her kennen, gibt es hier nicht. Das in der Nähe befindliche kleine Kaffee lassen wir zugunsten besserer Alternativen, die sich noch auf unserem Weg finden sollen, links liegen, ein Entschluss, der sich noch als unüberlegt herausstellen soll.
Unser Weg führt weiter nach Malibu, wir hatten hier auf ein Kaffee in Strandnähe gehofft. Diese gibt es auch, allerdings bezahlt man bereits für die Zufahrt dorthin eine nicht gerade kleine Gebühr für’s Parken und inzwischen ist es auch schon so spät, dass wir die Hoffnung auf Frühstück begraben müssten, jetzt wird überall nur noch Mittagessen serviert, und ein Burger zum Frühstück ist nicht gerade das, was wir uns wünschen würden.
Dieser letzte Tag macht es uns nicht gerade leicht, die sonst so gut funktionierende Haltung unseres “Carpe Diem”-Konzeptes noch mal im Sinne eines Urlaubserlebnisses bis zum Schluss umzusetzen. Das Schafi hat hunger, das Herdenbaby sieht seine Fälle davonschwimmen, wäre gerne noch mal in Malibu am Strand gesessen oder hätte sich ein Souvenier ergattert, und ich finde sowieso, dass letzte Tage etwas völlig unnötiges sind, würde ich doch viel lieber gleich für immer hier bleiben. Schließlich gibt es also doch Burger und Salat zum Frühstück, und statt Strand fahren wir gleich weiter zu Alamo, um unseren Mietwagen abzugeben, eine Entscheidung, die Angesichts des inzwischen dichten Stadtverkehrs doch auch etwas positives hat.
Wir sind pünktlich am Flughafen, die Abfertigung an der Sicherheitskontrolle nimmt mal wieder die meiste Zeit in Anspruch. Diese inzwischen gleichermaßen notwendige wie lästige Prozedur ist tatsächlich der unschönste Aspekt an einem Flug, da störe ich mich noch nicht mal so sehr an den enorm langen Reisezeiten, mit anderen Verkehrsmitteln wären die ja noch länger. Trotzdem schlage ich der Herde vor, dass wir, sollten wir tatsächlich mal auswandern, ein alternatives Verkehrsmittel in Erwägung ziehen. Für die USA würde ich hier vielleicht auf ein Schiff zurückgreifen, irgendwie auch stilvoller, als so ein Flugzeug.
Ein letztes Highlight dieser Reise, auch wenn es von uns schon nicht mehr als solches wahrgenommen wird: Unser Flughafenshuttle am heimischen Airport entpuppt sich als Chauffeur im Anzug, der uns mit einem Tesla zurück nach Hause bringt. Hat man ja auch nicht jeden Tag, und das nette Gespräch bei der Fahrt macht einem das Ankommen auch erst mal leichter.