Im früh aufstehen und all unsere Sachen zusammenraffen haben wir inzwischen schon reichlich Übung, und so stehen wir mal wieder fast noch vor allen anderen abreisebereit in unserer Hotellobby zum Auschecken. Da es gerade noch einen kräftigen Schauer gegeben hat und der Himmel noch immer sehr bewölkt ist, haben wir am Vorabend instinktiv die richtige Entscheidung getroffen und den Sonnenaufgang am Grand Canyon gegen etwas mehr Schlaf eingetauscht. Trotzdem wollen wir aber gerne früh dran sein und verlassen wir die Red Feather Lodge nach dem Zapfen eines Coffee to Go und einem netten Plausch mit einem anderen Frühaufsteher am Kaffeeautomaten in Richtung Grand Canyon.
Unser Ziel ist der Parkplatz der Bright Angel Lodge, wo wir vor sechs Jahren übernachtet haben, das war damals ein guter Ausgangspunkt für einen mehr oder weniger ausgedehnten Rim Walk. Um diese Zeit ist – wie auch vor sechs Jahren – noch nicht viel los am Trail Head. Wir denken kurz darüber nach, uns in der Lodge doch noch ein “richtiges” Frühstück zu gönnen, nehmen dann im Deli aber nur Sandwiches und kalte Getränke mit, bei den aufgerufenen Preisen hätten wir aber auchordentlich Frühstücken können … beim Dallmayr … eine Woche lang.Die Hoffnung, dass ein Teil davon zurück in die Erhaltung des Pakrs fließt, begrabe ich still.
Nun aber endlich raus an den Canyon. Vor der Lodge werden gerade die Bright Angel Trail-Gänger mit ihren Mulis unterwiesen, ein Abenteuer, das auf jeden Fall noch auf meiner persönlichen Bucket List steht. Der Canyon selbst zeigt sich heute überwiegend in seinen grau vernebelten Seite, lediglich der östliche Teil ist ganz gut zu sehen, die Sonne schafft es aber auch nur selten, mal einen Strahl durch die sehr dichte Wolkendecke zu schicken. Am North Rim geht zudem ein massives Gewitter nieder und wir hoffen, dass es seinen Weg nicht zu uns findet und unsere Wanderung damit beenden würde. Wir laufen die ersten sechs Meilen des Rim Trail ab und sind dabei meist unter uns. Richtig spektakuläre Ausblicke und das für den Canyon typische Farbenspiel in der Morgensonne dürfen wir heute leider nicht bestaunen. Dafür aber mal wieder ein schönes Beispiel für Menschen, denen die ruhige Betrachtung der Natur mal wieder nicht genug Action bietet. Eine Gruppe, die wir entweder für Finnen oder Schweden halten, setzt sich an einem der exponierten Aussichtspunkte massiv in Szene. Allen Warnhinweisen zum trotz werden außerhalb der Umrandung liegende Plateaus und Felsen erklommen um darauf dann massenhaft Fotos von sich selbst zu knipsen. Ich wiederstehe der Versuchung nachzufragen, ob ich mit einem finalen Bild nach dem Aufschlag am Canyonboden aushelfen soll und wir fahren aus Gründen des Zeitmanagements erst mal zum Endhaltepunkt des Rim Trails, dem Aussichtspunkt von Hermit’s Rest. Der Kaffee, den wir dort erstehen, hat diese Bezeichnung nicht verdient und wandert nur angetrunken in einen Mülleimer. Zum Trost gibt es ein Shirt vom Grand Canyon für meine Sammlung.
In der Hoffnung auf noch mal etwas mehr aufklarendes Wetter laufen wir noch mal die zwei Kilometer zurück zum nächsten Bus Stop, es bleibt aber trüb und wir müssen ohnehin weiterfahren, um unsere Abendverabredung nicht zu verpassen.
Die Fahrt ins Monument Valley zieht sich etwas hin, zu monoton verläuft ein Großteil der Strecke schnurgerade in steppenähnlicher Landschaft. Erst als dann ca. Eine halbe Stunde vor Ankunft die ersten roten Sandsteinformationen sichtbar werden, ist dem Rest der Herde klar, was unser heutiges Tagesziel sein wird. Wer den Bericht unserer ersten Westküstenreise gelesen hat weiß, wie sehr mich das Monment Valley beeindruckt hat und ich freue mich riesig, noch einmal die Gelegenheit zu haben, an diesen Ort zurückzukehren. Dem Anlass entsprechend habe ich für uns noch einmal eine Übernachtung direkt im Valley organisiert. Vorher geht es aber erst mal mit unserem Guide Jamie und einem Vater-Tochter-Duo aus West Virginia auf eine Sunset Tour durch das Valley. Das Wetter ist wieder wesentlich besser geworden, auch wenn sich irgendwo am Horizont immer ein paar bedrohlich dunkle Wolken zusammenziehen. Gegenüber unseres letzten Besuchs ist es aber viel Wärmer und weniger windig. Die Eindrücke im Valley sind wieder sehr eindrücklich, keine Spur von “Hab ich schon gesehen”. Als wir nach ungeführ einer Stunde am Big Hogan ankommen, packt unser Guide eine Flöte aus und spielt und singt für unsere Gruppe, ein echter Gänsehautmoment.
Nach ein paar weiteren Fotos von Felsformationen in der untergehenden Sonne fahren wir weiter zum Sammelplatz für das gemeinschaftliche Dinner aller Gruppen, die mit den diversen Guides unterwegs sind. Im Vergleich zum letzten Mal sind hier wesentlich mehr Leute versammelt. Vater und Tochter aus unserer Gruppe versuchen zwar mal ein Gespräch in Gang zu setzen, generell bleiben aber alle Gruppen sehr unter sich. Auch eine Gruppe mit anderen Deutschen Gästen ist dabei, aber auch von dort kommen keinerlei Signale, dass man sich wenigstens als Landsleute erkannt hat.
Das Dinner, bestehend aus Navajo Fry Bread, Bohnen, Gemüse und Steak ist reichlicht und gut, auch wenn das Steak etwas den Eindruck hinterlässt, als käme es von einem schon sehr in die Jahre gekommenen Tier. Nach dem Essen folgt der Unterhaltungsteil, bei dem sich diesmal aber eher das junge Punlikum in Szene setzt. Gegen neun Uhr fährt uns unser Guide zu unserem Hogan, wo wir uns mit Isomatten und Schlafsäcken unsere Lagerstätten für die Nacht bereiten. Dass es im Laufe der Nacht irgendwann beginnt, durch das Loch in der Decke in unsere Behausung zu regnen, ist nicht weiter schlimm, es ist im inneren ohnehin so warm, dass wir für leichte Abkühlung ganz dankbar sind. Für all diejenigen, die jetzt beim Lesen von romantischen Anwandlungen heimgesucht werden vielleicht folgender zusammenfassender Hinweis: Ja, es ist absolut genial, mal eine Nacht an einem solchen Ort, umgeben von uralten Felsen und frei laufenden Pferden unter einem je nach Wetterlage gigantischen Sternenhimmel zu verbringen. Wer aber schon keine zwanzig mehr ist, nicht gerne auf Festivals geht, an den Folgen des dritten Bandscheibenvorfalls zu knabbern hat oder wen schon beim alljährlichen Italienurlaub der viele Sand auf die Nerven geht, der sollte lieber andernorts nächtigen. Wenn man sich hier abends mit einer Flasche Wein vor seinen Hogan setzen könnte, hätte man anschließend vielleicht keine Schwierigkeiten, tief und fest zu schlafen. Leider aber herrscht auch im Monument Valley striktes Alkoholverbot, und so hatten wir eine eher unruhige Nacht.
Am nächsten Morgen sind wir schon vor unserem in seinem Auto schlafenden Guide wach und räumen schon mal den Hogan auf, das gibt’s vermutlich auch nur bei deutschen Gästen. Es ist leider wieder ziemlich bewölkt und die Momente, in denen bei der anschließenden kurzen Tour die aufgehende Sonne die Felsen beleuchtet, fallen leider etwas spärlich aus. Beim Frühstück treffen wir wieder auf die anderen Gruppen, die ebenfalls hier übernachtet haben. Wieder bleibt jeder wieder eher für sich, ein Verhalten, das wir bisher auf unserer Reise so nicht kennengelernt haben. Liegt vermutlich daran, dass es sich überwiegend um Gäste aus Australien und Europa handelt, die Amerikaner sind da wesentlich kontaktfreudiger und man kommt immer schnell ins Gespräch.
Zurück am Parkplatz des “The View” Hotels verabschieden wir uns von Jamie und kaufen im Souveniershop noch ein paar Kleinigkeiten ein, bevor wir uns auf die ca. Zweistündige Weiterfahrt nach Page begeben. Hier erwartet uns der bisher längste regnerische Abshnitt unserer Reise, schon ca. eine Stunde vor der Ankunft beginnt es zu regnen und es hört auch nicht auf, als wir Page schließlich erreichen. Der eingeplante Stop am Horseshoe Bend muss also erst einmal auf besseres Wetter warten und wir fahren trotz der noch sehr frühen Stunde gleich mal direkt zu unserer Unterkunft für die nächsten beiden Tage, dem Grandview Inn Bed and Breakfast.
Wir haben Glück und Kristine, die Hausherrin, ist gerade noch vor Ort und wir können gleich einchecken. Wie ich schon erwartet habe, ist der weibliche Teil der Herde sehr begeistert von der neuen Location. Das ist wieder mal so ein Ort, an dem man sich trotz Leben aus dem Koffer und ständig wechselnder Orte so ein bisschen zuhause fühlen kann. Hat natürlich aber auch alles seinen Preis. Nach dem wir unseren stetig anwachsenden Hausstand in unser geräumiges Zimmer verbracht haben, machen wir uns erst mal auf zu einer so gar nicht urlaubstypischen Aktion: Wir bringen einen Teil unserer Wäsche zu einem Waschsalon. Ich hab das im Vorfeld schon mal recherchiert, wir können unsere Wäsche einfach abgeben und sie am Montag bei unserer Abreise wieder mitnehmen, berechnet wird nach Gewicht. Inzwischen hat es auch wieder aufgehört zu regnen und da wir bis zu unserer Tour im Lower Antelope Canyon noch ein bisschen Zeit haben, steuern wir erst mal einen riesigen Walmart an, dieses Supermarkterlebnis der Superlative hatten wir bisher ja noch nicht auf unserem Trip. Ich frage mich ein mal mehr, warum dieses “Alles unter einem Dach”-Konzept bei uns zu Hause so gar nicht ankommen will. Dass man für seinen Wocheneinkauf immer wieder unzählige Stationen anfahren muss, ist scheinbar ein echt deutsches Konzept.
Am Parkplatz für den Lower Antelope Canyon stoßen wir dann erst mal auf einen geschlossenen Schlagbaum. Das irritiert mich ein bisschen, denn es ist kurz vor halb vier und wir haben eine Tour für vier Uhr im Voraus gebucht. Nach einem Anruf beim Anbieter ist klar, es wird hier heute keine Touren mehr geben, der Canyon bleibt aufgrund des vorhergehenden Regens wegen Überflutungsgefahr geschlossen. Das war so nicht vorgesehen … Der Nachmittag des Folgetages ist aber noch gänzlich unverplant und so liesse sich die Aktion gut dort hin verschieben. Leider erreichen wir bei den Veranstaltern aber nur den auf Endlosbetrieb geschalteten Blechdeppen und haben keine Chance die dort angegebene Nummer für Umbuchungen zu verstehen, weshalb wir beschließen, am Folgetag einfach auf gut Glück wieder rauszufahren.
Die ungeplante Freizeit verbringen wir mit einem Abstecher zur Navajo Bridge, einer inzwischen stillgelegten und durch eine neuere Brücke ersetzten Brücke über den Colorado River. Schon auf dem Weg dort hin gibt es wieder jede Menge zu sehen, die Strecke führt vorbei an tiefen Schluchten und einer bizarren Landschaft felsiger Klippen. DerAusblick von der Brücke bietet dann eine gute Perspektive, um die Dimensionen des Flusses mal richtig zu erleben. Auch kann man hier gut sehen, wie wenig gerade der Verlauf des Flusses ist. Ein paar andere Besucher machen uns dann noch auf zwei auf der anderen Brücke sitzende Condors aufmerksam. Diese inzwischen sehr seltenen und geschützten Tiere genießen nicht nur bei den Indianern ein ganz besonderes Ansehen.
Für unser Abendessen fiel meine vorbereitende Wahl auf das “Into the Grand”, eine Art Erlebnisgastronomie, die auch von unserer Hostess sehr empfohlen wurde. Der Abend besteht aus Dinner mit Livemusik und einem Showteil, in dem wir mal wieder indianisch-folkloristische Unterhaltung geboten bekommen. Die Portionen beim Dinner fallen für hiesiger Verhältnisse diesmal eher klein aus und wir haben schon ein bisschen Angst, dass unser übliches Vorgehen, nur zwei Gerichte für drei Personen zu ordern, diesmal nicht aufgehen könnte. Schließlich werden dann aber doch wieder alle satt und wir erwarten gespannt den Showteil. Dieser hinterläßt diesmal aber am Ende doch eher etwas gemischte Gefühle. Ein bisschen hat man das Gefühl, gerade die Vorstellung eines Zirkus mit Menschen besucht zu haben. Die Statisten wirkten nervös, uninspiriert und nicht so richtig glücklich. Aufgrund der unruhigen vorhergehenden Nacht fallen wir im Anschluss sofort in die Betten und schlafen tief aber kurz, denn schon um sechs Uhr am nächsten Morgen klingelt unser Wecker und ruft uns zum Aufbruch für die anstehende Tour zur Rainbow Bridge.
Mit einem großen Fresspaket von Kristine machen wir uns um sieben Uhr auf den Weg zur Wahweap Marina, von der aus die Boote des Nationalparkservice starten. Wir ergattern noch einen Platz auf dem Oberdeck, am Himmel hat es keine einzige Wolke und es sieht nach einem wettermäjßig gigantischem Tag aus. Die Fahrt zur Rainbow Bridge dauert ca. drei Stunden, auf dem Weg dort hin halten wir einige Male für Erläuterungen unseres Captains, dazu kommen regelmäßige Erklärungen aus dem Kopfhörer des Audio Guide, den jeder zu Beginn erhalten hat und der tatsächlich auch eine deutsche Tonspur enthält.
Als wir die Rainbow Bridge schließlich erreichen ist es schon ordentlich heiß. Uns steht ein kurzer Fußmarsch bevor, der fast ausschließlich ohne Schatten verläuft und man bekommt einmal mehr einen nachhaltigen Eindruck davon, was es bedeutet, in der Wüste zu leben. Das Monument selbst ist aber tatsächlich wieder einmal etwas sehr beeindruckendes und hat auf mich einmal mehr eine sehr spirituelle Wirkung. Man könnte jetzt sagen, dass es sich ja nur um einen Felsbogen handelt, aber alleine für die Frage nach dessen Entstehung gibt es mehrere Theorien, und auch wenn der Park Ranger, der uns ein bisschen was darüber erzählt von vorneweg ausschließt, dass es etwas mit Aliens zu tun haben könnte, ganz unvorstellbar finde ich es nicht. Aber auch, wenn es nur auf die Kraft des Wassers oder großen Druck zurückzuführen ist, bleibt es ein beindruckender Anblick, der Bogen ist schließlich so groß, dass eine Boeing 737 darunter durchfliegen könnte.
Auf der Rückfahrt legen wir noch einen 30minütigen Stop an einer Bootstankstelle in Utah an, wo findige Menschen sehr touristenwirksam noch schnell zwei Shops hingestellt haben, die von allen Touris aufgesucht werden, um eine geschmacklich eher mäjßige Portion Softeis zu ergattern. Den Rest der Rückfahrt verbringen wir teilweise schlafend im Unterdeck, war wohl doch etwas viel Sonne für jeden von uns.
Wir kommen viel später als erwartet in der Marina an und brechen daher recht eilig auf, da wir ja noch den am Vortag ausgefallenen Besuch des Lower Antelope Canyons auf unserer ToDo-Liste haben. So richtig glauben wir nicht, dass wir noch Glück mit einem Platz in einer der letzten Touren haben, aber unsere Bedenken werden schnell zerstreut, die letzte Tour ist sehr klein und es finden sich nicht mehr als zehn Personen dafür ein. Auf dem Weg zum Einstieg in den Canyon traktiert un unser Guide erst mal mit seinen gerade im Aufbau befindlichen Skills im Spielen der indianischen Flöte, ein meilenweiter Unterschied zu dem, was wir noch am Vortag von Jamie hören durften. Bis wir den Canyon betreten, vergeht doch einiges an Zeit, der Einstieg verläuft über Treppen und Leitern und entsprechend langsam geht es hier voran. Im Canyon selbst treffen wir auf das erwartete intensive und beeindruckende Spiel von Farben und Formen in Stein, man weiß nicht, wohin man blicken soll, vermutlich ließen sich hier so viele Fotos schießen, wie auf dem Rest der gesamten Reise zusammen. Für uns bleibt der Upper Antelope Canyon aber trotzdem das eindrücklichere Erlebnis, 2011 hatten wir dort das Glück, nahezu alleine und ohne Zeitdruck alles in Ruhe auf uns wirken lassen zu können. Das schwierigere Gelände, die vielen Menschen und der Zeitdruck nehmen dem Lower Canyon an diesem Tag doch viel von seinem Reiz.
Da wir Arizona am nächsten Tag verlassen werden, steht für mich noch ein Besuch einer echten Arizona BBQ Location weit oben auf der Liste und wir machen uns auf den Weg zu Big Joe’s, dessen riesige Smoker wir schon beim Vorbeifahren mehrfach bewundern durften. Die Ribs sind wirklich “fall of the bone” und bis auf die BBQ-Sauce schmeckt auch alles andere von unserem Sampler Platter sehr lecker.
Um den Abend an unserer schönen Location noch gebührend ausklingen zu lassen, bewaffnen wir uns im nächsten Safeways noch mit einer Flasche Wein und ein paar Snacks und genießen auf der Terrasse des Grandview Inn bei 25 Grad einen der lauen Sommerabende, die wir zu Hause sicher am meisten vermissen werden.