Unser letzter Morgen in Page beginnt wettermäßig wieder mit einem wolkenlosen und tiefblauen Himmel. Wir überbrücken die Zeit bis zum Frühstück auf unserem Balkon mit dem Schreiben von Postkarten. Heute haben wir auch endlich Gelegenheit, Kristines vielgerühmtes Frühstück zu genießen. Es gibt eine große Pfanne voll mit Gemüsefrittata mit Eiern und Käse und sehr leckeren Toast. Beim Frühstück lernen wir auch die übrigen Mitbewohner kennen und es ist schon irgendwie lustig, dass alle mehr oder weniger die selben Orte anfahren, manche allerdings in entgegengesetzter Richtung. Ich finde unsere Gastgeberin echt klasse. Sie hat einen sehr feinen Sinn für Humor und verströmt für ihr fortgeschrittenes Alter für mich eine echt jugendliche Frische. Außerdem gibt sie sich – im Gegensatz zu vielen anderen Leuten, die wir auf unseren Reisen schon getroffen haben – viel Mühe, dass sie mit allen gleichermaßen kommunizieren kann, egal, wie gut entwickelt die jeweiligen Sprachkenntnisse sind. Während ich unser Gepäck ins Auto lade, gesellt sie sich auf eine Zigarettenlänge zu unserem Herdenbaby und das HB hat endlich auch einmal die Gelegenheit, etwas mehr in Fahrt zu kommen, was das Kommunizieren mit den Einheimischen betrifft. Ja, wir haben uns hier definitiv sehr wohl gefühlt und das Grandview Inn ist mal wieder einer von inzwischen leider viel zu vielen Orten, an die wir gerne mal wieder zurückkehren würden.
Als nächstes stehen drei Stunden Fahrt nach Tropic zum Bryce Canyon auf dem Programm. Als ich beim Losfahren dem Rest der Reisegruppe unser Tagesziel verrate, ist das Schafi erst mal überwältigt von seiner Vorfreude. Die Strecke verläuft größtenteils durch landschaftlich sehr reizvolle Abschnitte und die Fahrt ist sehr kurzweilig. Am Canyon angekommen müssen wir uns erst mal etwas orientieren. Wir waren ja schon einmal hier und hatten uns damals auf den erstbesten ausgewiesenen Wanderweg begeben, instinktiv eine gute Entscheidung, was die mit nach Hause genommenen Fotos immer wieder belegen. Wir finden dann auch bald die von mir im Vorfeld recherchierten Einstiegspunkte für zwei Wanderungen, die gut in unseren Zeitplan passen würden, aus Gründen, die hier abern nicht weiter ausgeführt werden sollen, entschließen wir uns letztlich doch nur für eine längere Wanderung auf dem Rim Trail. Der Canyon wirkt auch von hier oben mehr als spektakulär, zusammen mit den weißen Wolken am tiefblauen Himmel ergeben sich auch von hier oben tolle Fotomotive. Irgendwann schafft es dann aber doch mal eine der zahlreich auf- und abziehenden Gewitterfronten, sich direkt in den Canyon zu schieben und da wir gerade unseren Picknick Lunch beendet haben, packen wir unsere sieben Sachen zusammen und fahren weiter zu unserer Unterkunft für heute.
Das Bryce Trails Bed and Breakfast ist ein B&B in Tropic, nur wenige Kilometer vom Eingang zum Nationalpark entfernt. Wir haben hier bereits vor sieben Jahren übernachtet und fanden sowohl das Haus mit seinem stilvollen Ambiente als auch die Gastgeberin ganz toll. Auf unserer damaligen Reise gehörte diese Location definitiv zu denen, die bleibende Erinnerungen geschaffen haben. Bei unserem Eintreffen wirkt das Haus leer, außer uns scheint niemand da zu sein, leider auch niemand, der uns empfängt, so wie wir das von solchen Häusern eigentlich gewöhnt sind. Statt dessen sehen wir eine Notiz im Foyer, in der uns mitgeteilt wird, dass die Hausdame, die inzwischen einen anderen Namen hat, als noch vor sieben Jahren, was auf einen Besitzerwechsel hinzudeuten scheint, aufgrund eines Notfalls leider nicht hier sein kann und sich statt dessen eine Assistentin um alles kümmern würde. Gut, um uns kümmert sie sich scheinbar erst mal nicht. Wir finden einen Zimmerschlüssel mit unserem Namen darauf und beziehen unser Quartier. Als wir uns dort und später auch im Haus etwas genauer umsehen fällt uns auf, dass sich das ganze B&B inzwischen in einem eher fragwürdigen Allgemeinzustand befindet. Verschmutzte Toiletten, tote Insekten auf den Fensterbrettern, fleckige Teppiche und dreckige Fenster, um mal nur die auffälligsten zu nennen. Als wir uns später im Aufenthaltsraum mit der Küche etwas näher umsehen fragen wir uns allmählich, ob hier überhaupt noch ein regelmäßiger Gästebetrieb stattfindet. Die Küche ist unaufgeräumt und schmuddelig, wir sind uns nicht sicher, ob wir möchten, dass dort jemand etwas für uns kocht. Aufgrund der Erfahrungen und Erinnerungen, die wir mit diesem Ort verbinden, sind wir sehr enttäuscht. Ein bisschen Internetrecherche bringt noch merkwürdigere Dinge zutage, ein Paar, das noch vor kurzem hier übernachtet hat berichtet davon, dass es sich wohl bei der Besitzerin und ihrer Assistentin um ein und die selbe Person zu handeln scheint. Da wir uns hier in einem der hintersten Winkel von Utah befinden, ist uns angesichts solcher Geschichten schon nicht mehr so ganz wohl. Vor dem Haus treffen wir schließlich auf ein älteres Paar. Ich frage einfach mal nach, ob sie auch hier wohnen und wir kommen schnell ins Gespräch. Sie scheinen sehr dankbar für die Information, dass es hier auch schon mal andere Standards gegeben hat, sie hatten schon die Befürchtung, sie seien inzwischen durch ihre vielen Reisen etwas eigen und möglicherweise sehr pingelig geworden. Als wir ihnen die Geschichte aus dem Internet erzählen, finden auch sie die ganze Sache eher etwas scary. Mit einer Empfehlung für das Abendessen, die sie uns mit auf den Weg geben, verabschieden wir uns bis zum nächsten Morgen.
Das Dinner nehmen wir heute im Rustler’s ein, einem eher rustikal-ländlichen Lokal, das sich für meinen Geschmack an zu vielen Dingen gleichzeitig versucht. Neben Steaks und BBQ finden sich auch mexikanische Gerichte auf der Karte sowie Burger und typisch amerikanische Küche. Victoria, unsere bulgarische Waitress allerdings ist wirklich sehr charmant und auch das bestellte Essen schmeckt durchweg gut und das noch zu einem vernünftigen Preis. Am Ende serviert uns Victoria noch einen Kaffee auf’s haus, ganz so, als hätte sie gewußt, dass wir heute gut noch einen kleinen Trost gebrauchen könnten.
Zurück im Bryce Trails sind wir erstaunt, dass das Haus scheinbar doch komplett ausgebucht ist, darauf weisen zumindest zahlreiche vor dem Haus geparkte Fahrzeuge hin. Von dieser Tatsache etwas beruhigt begeben wir uns alsbald in unsere Betten. Das Herdenbaby macht leider noch den Fehler, sein Bettzeug einer genaueren Inspektion zu unterziehen. Wie ich immer wieder sage: Manchmal ist es auch überhaupt kein Nachteil, ein Blindfish zu sein …